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24. September 2010

03. Juli 2010

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15. Juni 2009

15. Juni 2009

15. Juni 2009

29. April 2009
22. Januar 2009

28. April 2008
Ein Besuch bei dem erfolgreichen muslimischen Architekten
Shakil Ahmed aus Offenbach. Von Yasin Alder, Bonn
Erfolgreiche Muslime in Deutschland:
„Ich kenne keinen Misserfolg“
(iz). Der Architekt Shakil Ahmed (45) aus Offenbach zählt
mit seinem Gesamtplanungsbüro zu den vielen Beispielen
erfolgreicher, voll integrierter, zugleich aber auch praktizierender
Muslime. Shakil Ahmed kam 1971 aus Bangladesh, damals noch Ostpakistan,
nach Offenbach bei Frankfurt.
Aufgrund des Bürgerkriegs zwischen West- und Ostpakistan
hatte sein Vater, der bereits 1968 von Pakistan Airlines nach
Frankfurt versetzt worden war, die Familie nach Deutschland
geholt. Shakil Ahmed studierte in Darmstadt Architektur; 1989
schloss er sein Studium ab und fand unmittelbar danach eine
Stelle bei dem damals sehr großen Architekturbüro
Novotny/Mähner, wo er vier Jahre lang bei der Planung von
Großprojekten mitwirkte. Aufgrund fehlender Aufstiegsmöglichkeiten
entschied Shakil Ahmed, der mit einer spanischen Frau verheiratet
ist und drei Kinder hat, sich Anfang 1993 für die Selbstständigkeit.
Anfangs war er dabei noch als Subunternehmer für andere
Kollegen tätig, dann für die Offenbacher Gemeinnützige
Baugesellschaft im Bereich des Wohnungsbaus, der Renovierung
und Komplettsanierung. Dies war der geschäftliche Durchbruch
für den jungen Architekten, der 1994 sein Gesamtplanungsbüro
gründete. Einen Einschnitt markierte dann später allerdings
die Krise der Baubranche Ende der 90er Jahre. „Damals hatten
wir eine richtige Tiefphase, in der ich auch das Büro stark
heruntergefahren hatte. Ich habe dann nur noch Zeichner, allerdings
extern, beschäftigt; ansonsten war das Büro eine One-Man-Show“,
berichtet Ahmed. „Es gab damals sehr wenige Aufträge, daher
habe ich eine zeitlang Projekte selbst finanziert, habe zum
Beispiel Reihenhäuser selbst gebaut und dann verkauft.“
Trotz aller Schwierigkeiten hat er jedoch das Gesamtplanungsbüro
nicht geschlossen. Das Hauptgeschäft habe sich dann mehr
auf eigene Objekte verlagert; externe Aufträge umfassten
zumeist Moschee-Umbauten, Modernisierungen von alten Wohngebäuden,
Neubauten von Wohnhäusern und Reihenhäusern sowie
Geschäftshäusern. Ein bekanntes Gebäude, welches
das Büro von Shakil Ahmed in jener Zeit modernisierte,
ist die Steinweg-Passage auf der Frankfurter Einkaufsstraße
Zeil.
Im Shakil Ahmeds Gesamtplanungsbüro arbeiten derzeit vier
Mitarbeiter, hinzu kommen noch andere externe Mitarbeiter, Statiker
und Fachingenieure, mit denen projektbezogen zusammengearbeitet
wird. Geplant ist zudem, noch einen Bauleiter einzustellen.
Heute werden vom Büro neben Architektenleistungen alle
Ingenieurleistungen, zum Beispiel Statik beziehungsweise Tragwerksplanung,
technischer Ausbau sowie Freiraum- und Landschaftsgestaltung
angeboten. Im Bereich des Wohnungsbaus wird die ganze Palette
von Reihen- und Doppelhäusern, Geschosswohnungen, kombinierten
Wohn- und Geschäftshäusern bis hin zu repräsentativen
Villen abgedeckt. Im gewerblichen Bereich werden Büro-
und Geschäftshäuser konzipiert, oder zum Beispiel
der Gewerbepark Ludwigshafen. Das Gesamtplanungsbüro hat
unter anderem auch Entwürfe für das ICC Commercial
Center in Offenbach erstellt; Projekte im Ausland umfassen beispielsweise
die „Jumeirah Village South“ in Dubai oder ein Universitätsgebäude
auf den Seychellen.
Zwei größere Moscheebauprojekte werden derzeit im
Büro von Shakil Ahmed bearbeitet: Der Neubau der Taqwa-Moschee
und der der Fatima Zahra-Moschee, beide in Frankfurt, wobei
letzterer in den vergangenen Monaten wegen vereinzelter Widerstände
dagegen auch in die überregionalen Medien gelangt war.
Die Stadt Frankfurt hatte sich aber klar hinter den Moschee-Neubau
gestellt. „Die Entwicklung zur Planung von Moscheen kam, als
wir vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten der Stadt
Frankfurt als Berater für Moscheebauten vorgeschlagen worden
sind“, erzählt der Architekt. Das war im Jahre 1998/1999,
als es einen konkreten Bauantrag für eine Moschee gab.
Diesen Bauantrag wollte die Stadt Frankfurt nicht genehmigen,
weil er aus ihrer Sicht nicht ausreichend städtebaulich
integriert war. „Man hat dann uns seitens der Stadtplanung als
Berater hinzugezogen. Wir kannten die damalige Leiterin des
Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten, Frau Dr. Wolf-Almanasreh.
Die Moschee, die von einem deutschen Kollegen geplant worden
war, war städtebaulich nicht akzeptabel. Wir haben dann
die Gelegenheit bekommen, innerhalb von drei Tagen Skizzen einzureichen,
wie das Ganze aussehen könnte, unter Berücksichtigung
der nachbarschaftlichen Bebauung, und diesen Skizzen wurde dann
seitens der Stadt zugestimmt“, so Ahmed. Es handelte sich um
die Taqwa-Moschee, deren Planung seither beim Gesamtplanungsbüro
liegt. „Seither hat uns die Stadt Frankfurt öfters als
Berater angerufen, wenn es Probleme gab.“
„Man muss wissen, dass wir als Muslime in Deutschland nicht
nur Feinde haben, sondern auch viele Freunde. Es gibt Menschen,
die erkennen, dass wir einen gewissen Beitrag in dieser Gesellschaft
leisten, und nicht nur einen kleinen, sondern einen großen.“
Auch die Bundesregierung und die Politik habe erkannt, dass
Moscheen und die kulturelle Identität der Migranten sehr
wichtig für die Integration seien. „Das darf man nicht
unterschätzen. Man hat dies vorher immer gemieden und meinte,
man könnte die Menschen in Deutschland integrieren, indem
man sie mehr zur Assimilation drängt, sie von den Moscheen
wegbringt, sie ihre Kultur vergessen lässt. Mit der Zeit
hat man aber erkannt - und das ist die intelligentere Lösung
- dass wenn man diesen Menschen ihren Glauben lässt, man
sie als viel stärkeren Partner hat, sie sich viel mehr
als Deutsche und viel besser integriert fühlen. Wenn ich
in Deutschland religiös frei bin, fühle ich mich mehr
deutsch, als irgendwo anders. Und ich stehe zu Deutschland“,
sagt Shakil Ahmed.
Seitens seines Büros empfehle man auch den Moscheen, mit
denen man zusammenarbeitet, dass sie offener werden und ihre
Arbeit transparent machen sollen. So gebe es beispielsweise
im Entwurf der neuen Taqwa-Moschee einen gemeinsamen Eingang
für Männer und Frauen, lediglich zwei getrennte Treppenhäuser,
die sich automatisch durch die Länge des Objektes und aus
Brandschutzgründen ergeben hätten. Zur Offenheit trage
auch bei, dass im Gebetsraum ein Luftraum offen gelassen wurde
zwischen Männer- und Frauenetage, sowohl im Bereich der
Kuppel als auch im vorderen Bereich bei der Gebetsnische, dem
Mihrab. Das interessante dabei ist, dass es nur einen einzigen
Mihrab für Männer und Frauen gibt, der sich über
zwei Stockwerke erstreckt. So sehen Frauen und Männer den
gleichen Mihrab. „Der Mihrab ist sozusagen die Verbindung zwischen
Männern und Frauen. Wenn ich den Frauengebetsraum betrete,
erlebe ich den Mihrab fast genau so, wie im Männergebetsraum,
und das ist bei vielen Moscheen nicht der Fall“, sagt der Architekt.
Das Gesamtplanungsbüro hat bei beiden Moscheen den Generalauftrag
für die Planung, das heißt die Planung bis zur Baugenehmigung
und Ausführung, Objektüberwachung, die haustechnische
Planung (Elektro, Sanitär und Heizung), und bei der Fatima
Zahra-Moschee auch die Statik. In diesen Bereichen arbeitet
das Büro auch mit Partnern zusammen. „Dadurch, dass wir
dem Kunden all dies aus einer Hand anbieten, ist die Koordination
nicht mehr so kompliziert, es gibt einen Gesamtverantwortlichen,
nämlich uns. Dadurch wird der Ablauf auch zügiger“,
sagt Shakil Ahmed.
Bei der Bauweise von Moscheen ist es nicht immer einfach, die
Vorstellungen der Gemeinde und des Architekten unter einen Hut
zu bringen. „Die Vorstellung, dass ich als Architekt komme und
meine eigenen Vorstellungen durchsetze, ist nicht realistisch.
Bei der Taqwa-Moschee zum Beispiel haben wir die Wünsche
und Vorstellungen der Gemeinde schon berücksichtigt, haben
aber selber eine klare Vorstellung, wo wir hinwollen, und dies
versuchen wir in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu bewältigen,
auch durch praktische Lösungen bei einzelnen Details, die
wir mit der Gemeinde diskutiert haben.“ Bei der Fatima Zahra-Moschee
wiederum wollte die Gemeinde im Gegensatz zum Architekten unbedingt
ein Minarett. Aus Ahmeds Sicht hätte die Kuppel als Identifikationsmerkmal
ausgereicht. „Wir versuchen, so wenig wie möglich von unserer
traditionellen islamischen Bauweise zu adaptieren, weil sie
hier im Westen fremd wirkt. Man kann darüber natürlich
diskutieren, denn es gibt auch Argumente, die für eine
traditionelle Architektur sprechen könnten.“ Bei der Fatima
Zahra-Moschee habe man zwei Minarette eingebaut, um der Gemeinde
entgegenzukommen, obwohl er selbst von der Lösung noch
nicht überzeugt sei. Der Architekt geht sogar noch weiter:
„Ich kann mir jedes Moschee-Minarett in Form eines Kirchturms
vorstellen und kann mir fast jede Kirche als Moschee vorstellen.
Natürlich ohne Kreuze, bildliche Darstellungen, Statuen
oder dergleichen. Architektonisch habe ich damit keine Probleme,
ich könnte mich dort auch als Muslim wohl fühlen.“
Dass die Art der Architektur eine entscheidende Rolle bei Konflikten
um Moscheebauten spiele, glaubt Shakil Ahmed allerdings nicht.
„Ich denke, es ist mehr ein gesellschaftliches Problem. Man
erkennt einfach, dass der Islam an Präsenz gewinnt, und
das ist etwas, was die Leute vielleicht beunruhigt. Es ist auch
eine neue Generation von Muslimen entstanden, die gewisse Ansprüche
in ihrem Heimatland Deutschland stellt. Ich möchte hier
als Muslim leben können, mich darstellen können, ich
möchte einen Ort haben, an den ich mich zurückziehen,
an dem ich mein Gebet verrichten kann, als deutscher Muslim;
und das ist meiner Meinung nach das legitime Recht jedes Deutschen
in Deutschland, wie das Grundgesetz es gewährt.“
Der erfolgreiche Architekt hält es für wichtig, sich
als Muslim zunächst einmal mit dieser Gesellschaft zu identifizieren.
Die Probleme, die Muslime in Deutschland haben, sind aus seiner
Sicht relative Probleme, die normal seien für eine Minderheit,
die sich mit der Zeit etabliert und entwickelt. „Die Muslime
leben erst seit maximal 50 Jahren in Deutschland, und es wird
besser werden, die Zukunft sieht positiver aus“, meint er. Um
als Muslime in dieser Gesellschaft erfolgreich zu sein, sei
etwa eine positive Einstellung zu Bildung wichtig, und dass
die Eltern auf einen höchstmöglichen Bildungsabschluss
ihrer Kinder hinwirkten. Die gegenwärtigen Probleme seien
überwiegend hausgemacht und auf eigene Fehler zurückzuführen.
So könne es nicht angehen, dass noch immer nicht in allen
Moscheen die Freitagsansprache zumindest teilweise auf Deutsch
gehalten werde. Shakil Ahmed würde dies am liebsten notfalls
sogar per Gesetz durchsetzen.
Letztlich sei maßgeblich, mit welchen Mitteln man arbeite,
ob diese halal, transparent und ehrlich seien, und ob es die
Mittel seien, die einem zustünden. „Und wenn man sich in
diesem Rahmen bewegt, hat man nur Erfolg. Ich kenne keinen Misserfolg.
Wenn ein Rückschlag kam, dann war es für mich nichts
Negatives, sondern ein Lernprozess auf dem Weg. Es hat bei uns
etwas gefehlt, sodass dieser Schlag kam, weil wir noch nicht
so weit waren“, meint Shakil Ahmed. „Die Gesellschaft hat sich
gewandelt, und das ist erst der Anfang.“ Die wirtschaftlichen
Probleme beispielsweise, die man derzeit in Deutschland habe,
könnten viel mehr reduziert werden, wenn mit den hier lebenden
Migranten auch kommerziell mehr kooperiert würde, und auch
mit ihren Herkunftsländern. „Was bisher in den muslimischen
Ländern ökonomisch gemacht wird, ist nur ein Bruchteil
dessen, was die Deutschen dort machen könnten. Die Deutschen
sind dort sehr beliebt, sie sind eine Alternative zu England
und den USA. Und die deutschstämmigen Muslime spielen bei
all dem auch eine wichtige Rolle“, meint Shakil Ahmed.
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